#433: Sacred Ground (VOY 3.07)

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30. Oktober 1996:
Beim Besuch auf dem Höhlenplaneten der Nekani kommt Kes, von ihrer Neugierde geleitet, dem Kraftfeld eines Schreins gefährlich nahe. Ihre Captain versucht zu retten, was zu retten ist, was eine Aneinanderreihung von Prüfungen, Dagobah Style, mit sich bringt – doch das gesamte Prozedere ist eigentlich nur dazu da, Janeways, unsere und Star Treks Regeln & Erwartungen auf den Kopf zu stellen.

In Deutschland: Das Ritual, ausgestrahlt am 12. Juni 1998.

Dieser Beitrag hat 19 Kommentare

  1. Maestro84

    Den „Trick“ verdanke ich einer Scheidung und zwar von der guten Frau Dawson von Herrn Biggs oder umgekehrt. Ab den neuen Folgen der dritten Staffel heißt es nur noch „Dawson“ und nicht mehr „Biggs-Dawson“ im Vorspann.;p

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      1. Maestro84

        Ich bin halt auch ein Sebastian. 😉

  2. Christian Berger

    Hmm, eigentlich das das „beim Sonnenuntergang“ sogar noch rätselhafter… weil der Planet ist ja höchstwahrscheinlich halbwegs kugelförmig, so dass je nach Breitengrad im Prinzip jeder beliebige Zeitpunkt einen „Sonnenuntergang“ hat. So wie auch bei uns auf der Erde.

    Ich vermute einfach, die wollten da so ein „mythisches Element“ reinbringen, und haben halt nicht daran gedacht, dass das ja gar keinen Sinn ergibt… oder die Leute leben nur an einem sehr kleinen Fleck ihres Planetens.

    1. Voidzoid

      Naja, der Schrein ist ja an einem ganz bestimmten Ort auf dem Planeten, auch wenn er unter der Oberfläche ist. Und oben drüber ist ja irgendwann Sonnenunteruntergang,

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  3. BjoernHH

    Hmmm.
    So sehr ich es schätze, dass Sebastian mir heute erklärt hat, wie man die Folge auch positiv sehen kann, gefällt sie mir nicht wirklich.

    Und nachdem Ihr mir den holistischen Hintergrund der Autorin erläutert habt, erklärt dies sicher auch ein bisschen die Wissenschaftsferne der Handlung.

    Bei Holismus muss ich allerdings zuerst immer an Dirk Gently‘s Holistische Detektei denken…

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  4. Michael from Outer Space

    Ich fand die Folge beim erneuten Anschauen am letzten Samstag nicht schlecht, aber in mehreren Punkten unbefriedigend.

    Wir werden Kes nur noch ein paar Mal sehen. Hier, kurz vor Ende ihres Story Arcs === !!!SPOILER-ALARM!!! === (ja, sie wird in Staffel 6 für eine Episode zurückkehren),

    muss sie die ganze Zeit bewusstlos auf einem Biobett liegen und dient nur als Aufhänger für die Janeway-Story?! Hier wurde meiner Meinung nach die Chance verschenkt, Kes als handelnde Person zu zeigen. Ihre Bewusstlosigkeit muss ja nicht bedeuten, dass völlig außer Gefecht gesetzt ist. Lwaxana war in „Dark Page“ auch über längere Zeit bewusstlos, aber trotzdem entstand zwischen ihr und Deanna eine Art Dialog. Bei Kes hätte das, vielleicht mithilfe ihres Mentors Tuvok, ähnlich verlaufen können.

    Wieso wird im Teaser angedeutet, dass Kes aus der Richtung des Schreins Geräusche oder Stimmen hört? War das ihre Motivation, dorthin zu gehen? Ich finde es merkwürdig, dass ihr Unfall im Schrein scheinbar ohne triftigen Grund geschieht. Ganz so, als ob die Story eben ein unschuldiges Opfer brauchte…

    Insgesamt kommt Kes hier leider nicht gut weg, obwohl sie ja eigentlich im Vordergrund stehen sollte, schließlich nimmt Janeway für ihre Rettung viel auf sich. Mir erscheint Kes hier nur als Mittel zum Zweck.

    Ich habe den Eindruck, dass in dieser Story Wissenschaft und Religion bzw. Glaube auf seltsame Weise dargestellt werden, um die „teure Botschaft“ zu vermitteln.

    In Akt 3 bemalt Janeway in ihrer Vision mit Fingerfarben eine Wand, während sie in Wirklichkeit immer noch im Ritual-Raum steht und den Stein vor sich hält. Beim Bemalen der Wand entsteht zwischen ihr und der Führerin der folgende Dialog:
    JANEWAY: I guess you’re not going to tell me what I’m supposed to draw.
    GUIDE: That would be too easy, wouldn’t it? It’s up to you. Draw whatever feels right.
    JANEWAY: I’ve never been able to draw. My sister was the artist in the family.
    GUIDE: And you were the scientist.
    JANEWAY: It’s true. When other children were outside playing games I was doing mathematics problems.
    GUIDE: Mathematics. I can see why you enjoyed it. Solve a problem, get an answer. The answer’s either right or wrong. It’s very absolute.
    JANEWAY: I’ve always found that satisfying.
    GUIDE: I’m sure you did.

    Das, was die Führerin hier über Mathematik sagt, von wegen „Löse ein Problem, erhalte eine Antwort. Die Antwort ist entweder richtig oder falsch. Es ist sehr absolut.“ stelle ich in Frage. Ich bin selbst kein Wissenschaftler, sondern lediglich ein „an Wissenschaften interessierter Laie“. Trotzdem habe ich verstanden, dass in der Mathematik und in anderen Wissenschaftszweigen „absolute Wahrheiten“ keinen Sinn ergeben. Kein logisches System, nicht einmal die Mathematik, ist in sich geschlossen.

    Der österreichische Mathematiker Kurt Gödel veröffentlichte 1931 seine beiden „Unvollständigkeitssätze“, mit denen er bewies, dass formale Systeme (z. B. Mathematik) gar nicht vollständig und nicht in sich geschlossen sein *können*. Das hat direkte und weitreichende Konsequenzen nicht nur für die Mathematik, sondern auch für viele andere Wissenschaftszweige. Die *Wissen*schaftlerin Janeway sollte das *wissen*! In den Wissenschaften muss jede Aussage in den richtigen Kontext gesetzt werden, ansonsten ist sie wertlos. Der Kontext, also der Zusammenhang zum Gesamtsystem, entscheidet über fundamentale Aspekte wie Bedeutung und Erkenntnis.

    In den Wissenschaften ist Wissen darum niemals *absolut*. Jede wissenschaftliche Erkenntnis ist vorläufig. Sie behält ihre Gültigkeit nur solange, bis sie durch bessere Modelle ersetzt wird. Darum sind die Wissenschaften lernfähig und sehr erfolgreich.

    Der US-amerikanische Physiker und Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman sagte einmal:
    „Wissenschaft ist der Glaube an die Unwissenheit der Experten.“

    Feynman meinte damit nicht, dass Experten nichts wissen – sondern dass echte Wissenschaft beginnt, wenn wir anerkennen, dass unser Wissen begrenzt ist und ständig hinterfragt werden muss.

    Sogar eine scheinbar simple Aussage wie 2 + 2 = 4 ist nicht absolut. Sie gilt nur unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. müssen wir zur Formulierung und zum Verständnis der Aussage mit Zahlen umgehen können und uns auf ein Zahlensystem verständigt haben.

    In Wirklichkeit sind doch die Nechani diejenigen, die andauernd absolute Aussagen machen!

    Der Magistrat sagt direkt nach Kes‘ Unfall in der Höhle zu Neelix, Kim und Torres:
    „There’s nothing you can do. She’s been punished by the spirits. She’s going to die.“
    Ihr könnt *nichts* tun, um sie zu retten, weil sie von den Geistern bestraft wurde. Sie wird sterben. —> Eine absolute Aussage, die sich als falsch erweist!

    Die Führerin erklärt Janeway zu Beginn des „Rituals“:
    „But do you realise that all of this is meaningless.“
    *Alles*, was du während des Rituals tust, ist bedeutungslos. —> Noch eine absolute Aussage!

    Die religiösen Dogmen der Nechani sind ebenfalls absolute Aussagen: die Geister der Vorfahr*innen existieren in der Nähe des Schreins, der Schrein ist heilig usw. Diese Dogmen dürfen nicht in Frage gestellt werden.

    Der Holodoc verwendet jede Menge Technobabble, aber seinen ersten Satz im Epilog in seinem Büro finde ich spannend. Er sagt nämlich:
    „The tricorder readings Commander Chakotay took at the shrine revealed traces of iridium ions, which we could have known about sooner if we’d been permitted to take those readings in the first place.“
    Fred hat in der Nähe des Schreins also Spuren von Iridium-Ionen gefunden, die früher aufgespürt worden wären, wenn man nur die nötigen Scans hätte durchführen dürfen.

    Später erklärt er, dass die Iridium-Ionen Janeway dabei halfen, das Energiefeld im Schrein zu betreten.

    Das heißt also: Wenn die Nechani der Crew von Anfang an erlaubt hätten, den Schrein zu scannen, hätte der Holodoc vermutlich bessere Chancen gehabt, Kes erfolgreich zu therapieren.

    Im Grunde verbieten die Nechani unseren Freund*innen, ihre Scanner und andere technische Geräte einzusetzen, um anschließend zu sagen: Ätsch, bätsch! Eure Wissenschaft funktioniert nicht, ihr müsst euch etwas Neues ausdenken.

    Mein Fazit ist, dass in „Sacred Ground“ viel geopfert wird, um eine „teure Botschaft“ zu vermitteln. Weniger wäre mehr gewesen.

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  5. Lurchgeschwindigkeit

    Ich war immer schon Fan dieser Episode und habe sie in vielen Debatten mit anderen Trekkies verteidigt. 😄

    Einer der am häufigsten vorgetragenen Kritikpunkte war dabei, dass Janeway in dieser Episode „out of character“ handele. Der überzeugten Forscherin Janeway eine religiöse Erleuchtung anzudichten und sie an der Wissenschaft zweifeln zu lassen, erschien etlichen unglaubwürdig.

    Ich glaube indes, so weit geht die Episode gar nicht und will es auch nicht.
    Alles was ich bei Janeway sehe, ist, dass sie zum Schluss in Erwägung zieht, dass es vielleicht auch (derzeit) nicht wissenschaftlich fundierte Erklärungsansätze geben könnte. In ihr hat sich etwas bewegt; nichts großes und fundamentales, aber sie ist jetzt ein geringfügig anderer Mensch. Ich hätte mir daher auch eine weitere Szene zwischen Janeway und Chakotay gewünscht, in der das thematisiert wird (meinetwegen auch in einer anderen Folge). Dass Chakotay in dieser Folge so kritisch ist gegenüber Janeways Vorhaben das Ritual zu absolvieren, finde ich übrigens auch nicht unpassend. Spätestens seit „Entscheidungen“ wissen wir, wie viel ihm an ihr liegt. Ich denke, er sorgt sich einfach um Janeway, zumal er weiß, welch große Risiken sie zum Schutze eines Crewmitglieds einzugehen bereit ist.

    Ich denke nicht, dass das Ritual zur Lösung des Problems unerheblich war. Die konkrete Ausgestaltung war sicher irrelevant (und hier ist es doch einfach spannend zu sehen, was die Wahl der Aufgaben uns über Kathryn Janeway als Person erzählt), aber ich denke schon, dass es darum ging, eine physische und psychische Grenzerfahrung zu machen, um das Kraftfeld durchdringen zu können.

    Fazit: Ich mag die Episode; sowohl als Charakterepisode (wir lernen etwas über Janeway, sie entwicklet sich weiter) als auch als Trek-Episode (weil sie so gelungen mit unseren Erwartungen spielt).

    PS: Da Robert DuncanMcNeill bei der Episode Regie geführt hat, sind seine Erinnerungen hier etwas detaillierter als bei vielen anderen. 😅
    Es macht daher besonderen Spaß, sich die entsprechende Episode des „Delta Flyers“ Podcasts anzuhören. So erfährt man, dass die Idee, dass Janeway sich zu Beginn des Rituals enkleidet (sich verletzlich machen, das Vertraute ablegen) wohl von McNeill kam und Mulgrew sofort dafür war.

    1. Don

      Ich finde schon, dass Janeway sich hier „out of character“ verhält, aber auf andere Weise:
      Wir haben sie stets als engagierte Wisschenschaftlerin erlebt, aber eigentlich nie als Fundamentalistin. Wie wir in „The Cloud“ sehen, ist sie dem Spirituellen gegenüber nicht nur aufgeschlossen, sondern geradezu fasziniert.
      Zusätzlich hat sie noch einen Hang zu Geistergeschichten.
      Und ich finde es durchaus bezeichnend, dass sie sich später Leonardo da Vinci als ihren virtuellen Mentor erwählt und nicht so einen Pedanten wie Newton oder Einstein. Das unterstreicht, dass sie die Wissenschaft nicht nur im Verstand, sondern auch im Herzen trägt. Sie ist begeistert davon und es erfüllt sie einfach!

      All das sieht man in „Sacred Ground“ jedoch nicht! Diese „Wissenschaft über alles!“-Haltung habe ich von ihr eigentlich nur hier erlebt.

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  6. sternburg

    (ich hab diese Folge zum ersten Mal in meinem Leben gesehen – und ahne auch wieso)

    Wow. Das ist jetzt seit langem mal eine Folge Star Trek, die ich komplett anders als ihr gesehen habe.

    Mein erster Gedanke beim Abspann war: Funny, eine Michael-Burnham-Folge lange vor Discovery.

    Bei mir kam nichts von dieser ganzen Meta-Betrachtung über ganz Star Trek an. Für mich war das einzige Thema dieser Folge eine sehr viel dünnere Meta-Betrachtung, nämlich die Auseinandersetzung der rationalen Wissenschaftlerin Janeway mit der urplötzlich in ihr Leben tretenden Erkenntnis, manche Dinge könnten vielleicht doch nicht rational erklärbar sein, und einfach nur erfordern, dass man gegen jede Tatsachengrundlage an sie glaubt. Und wie sehr das ihr Weltbild und ihr Selbstverständnis erschüttert.

    Und ganz ehrlich, also ich bin ja nun nicht der größte Janeway-Fan der Welt, aber das finde ich in seiner Unterkomplexheit gegenüber einer Star-Fleet-Kapitänin lachhaft und geradezu eine Unverschämtheit. Und da müssen wir noch nicht darüber reden, was diese Kapitänin alles schon so gesehen hat. Oder was Michael oben bereits zutreffend zum Wesen der wissenschaftlichen Erkenntnis ausformulierte.

    Ihr habt ja schon angemerkt, wie oft man Janeway ihr penetrantes Bestehen auf eine rationale Erklärung in den Mund legen musste, um überhaupt erst diese Brücke zu bauen. Da merkt man aus meiner Sicht schon, dass diese ganze Nummer eben nicht aus dem Charakter selber schlussfolgert.

    Und so hab ich dann auch den Endgag verstanden: Schönes Technobabble, Herr Doktor. Aber es hat sich ausgetechnobabbled. Ich als Star-Trek-Hauptfigur kann nach dem in dieser Folge Erlebten dieses ganze Star-Trek-Technobabble plötzlich nicht mehr ernst nehmen. Und was macht das mit mir als Star-Trek-Figur? Mit dieser unendlichen Last auf meinen Schultern schleiche ich mich lieber in mein Quartier, ich muss jetzt allein sein.

    Fand ich ehrlich gesagt witzig auf ne Art, aber auch ernsthaft unwürdig.

    Den Magistrat in seiner jederzeit glaubhaften Art hingegen fand ich als eben-nicht-Antagonisten tatsächlich erfrischend (und deshalb auch ziemlich unsympathisch, wie patzig Janeway sich erstmal ihm gegenüber benimmt). Und spannenderweise erwuchs für mich gerade deshalb hier eine größere Bedrohung als in ähnlichen Folgen: Der Typ spricht offensichtlich die Wahrheit, alle unsere Beobachtungen untermauern das außerdem – das macht es plötzlich zur sinnvollen Erwägung, Kes‘ Unfalltod hinzunehmen und weiterzufliegen. Nicht, dass man als Zuschauer für eine Sekunde glaubt, dies werde passieren. Aber in Universe ist das der logische Geschehensablauf.

    Und genau das ist auch für mich der Haken, ach was, der tonnenschwere Anker an Sebastians kompletten Ausführungen. Da kann Sebastian noch so oft – unstreitig jeweils plausibel und gut argumentiert begründet – ausrufen: „Aber das ist nicht, was diese Folge uns erzählen will“. Mag sein, dass sie das nicht erzählen will. Aber was sie uns erzählt, ist eben das: Wenn man diesen Ort besucht, und irgendjemand aus der Reisegruppe kommt diesem erstaunlich ungesicherten 90s-Techno-Schrein zu nahe, dann stirbt jemand. Und wenn nicht alle paar Jahrhunderte jemand was außergewöhnliches unternimmt, dann ist das auch nicht zu ändern.

    Ziemlich verlustreicher Weg dieser Leute, Andere an ihrer Philosophie teilnehmen zu lassen, was sie ja offenkundig echt voll gerne tun.

    Und ganz klein wenig unvorsichtig vom freundlichen Magistrat, der unsere Crew so breitwillig zum erbaulichen Landurlaub einlud.

    In meinen Augen gibt es nur eine sinnvolle Annahme, auf deren Weg wir zu Sebastians Sichtweise kommen: Es ist alles ein großer Mummenschanz, in den von Anfang an jeder einzelne eingeweiht ist inklusive des Magistrats. Das ist deren Form von Gastfreundschaft. Das ist der Weg dieser Leute, Reisende an ihrer Philosophie teilzuhaben. Landurlaub auf diesem Planeten bedeutet von der ersten Sekunde an Teilnahme an diesem Abenteuer, an einer Art von philosophischen Escape Room. Jede einzelne Reisegruppe geht da durch: Jemand wird scheinbar tödlich verletzt, die Story von dem König wird durchgestochen, alles geht sich am Ende gut aus. Das ist nicht böse gemeint, ganz im Gegenteil. Es ist ihre Art, sich Fremden gegenüber auszudrücken und ihre Denkweise zu kommunizieren.

    Und das ist dann plötzlich ziemlich faszinierend und erstaunlich startreckig. Weil wir haben zwar Leute, die aussehen wie wir, die reden wie wir, die sich verhalten wie wir und die in den üblichen Star-Trek-Höhlen hausen. Aber unter dieser super langweiligen Oberfläche kommunizieren die plötzlich völlig fremdartig. Weil sie halt auch fremdartig sind. Das ist Darmok-Shit.

    Ich hab mit diesem faszinierenden Gedankengang nur zwei Probleme:

    Erstens, also mit Verlaub, aber das erzählt die Folge nicht. Nichts gegen eine Erzählweise, deren eigentliches Thema sich erst beim drüber nachdenken offenbart. Aber das wäre schon viel hineininterpretiert. Das schreibt das Drehbuch um.

    Und zweitens ginge es mir dann immer noch so wie Simon. Das rechtfertigt alles nicht, dass ihr mir so eine Todesangst um Kes (und in der Auflösung btw zusätzlich um mich selber) einjagt. Das ist schlicht Folter, was soll denn das?

    Aber ich fand diese Sendung und eure Auseinandersetzung mit dieser Folge wahnsinnig spannend. Deshalb mach ich jetzt mal den Simon: Eigentlich für mich ein Daumen runter. Aber eure Unterhaltung darüber hat mir so viel Freude und Erkenntnis gebracht, ich bin jetzt bei einem souveränen Daumen quer. Ist doch auch was.

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  7. sternburg

    Oh Gott, jetzt hab ich schon so viel geschwafelt (sorry dafür), aber ich wollte eigentlich noch drei Sachen zur Folge selber sagen:

    – Ich fand Fred und Tuvok gar nicht so out of character. Fred ist besorgt um Janeway, das passt. Außerdem weiß er aus eigenem Erleben, dass so Ritual Shit mit Drogen und so auch mal gefährlich sein kann, was stimmt. Janeway ist halt nicht Michael Burnham und Fred nicht Saru. Tuvok hingegen als langjähriger Freund tut exakt das, was er in der Folge auch ansagt: Er kann Janeways Prioritäten einschätzen und respektiert das (auch wenn es er es insgeheim vielleicht falsch findet oder nicht, geht niemanden was an). Auch das passt zu ihm.

    – Ich hatte an einer ganz anderen Stelle als ihr eine aus meiner Sicht bemerkenswerte Auseinandersetzung mit dieser Story. Als nämlich der eine Alte Janeway offenbart, wenn Du das falsch machst, dann sterbt ihr beide.

    An dieser Stelle bemerkte ich an mir folgenden Gedankengang, den ich spontan in Chakotay hineindachte, der aber natürlich letztlich was über mich selber aussagt: Dieses ganze starfleetmäßige „wir lassen niemanden zurück, und wir riskieren unser eigenes Leben für das Leben der Unseren“ schön und gut. Aber Captain Janeway ist für dieses Schiff und seine Crew um Dimensionen wichtiger als die letztlich Passagierin Kes. Circa 50 % Chance, dass entweder beide überleben oder dass wir beide verlieren, gegenüber der Gewissheit, nur letztere aufzugeben, das ist kein kluger Move.

    Ging vielleicht nur mir so. Aber das fand ich erschütternd innerhalb der Star-Trek-Logik für mich als Zuschauer. Wie bereitwillig ich da plötzlich die Gleichwertigkeit von Leben aufzugeben bereit bin. Und sei es nur fiktiv und für einen Augenblick.

    – Mir war das alles dazu, das hier Robert Duncan McNeill Regie geführt hat, (natürlich) neu. Wo ihr das sagtet, fiel mir erst auf … also ich hab nicht nochmal nachgeschaut. Aber kann es sein, dass Tom Paris in dieser Folge nicht eine Sekunde Screentime hat?

    Und kommt mir das nur so vor, oder ist das für regieführende Hauptcharaktere in Star Trek äußerst ungewöhnlich? Die sind aus naheliegenden Gründen als Darsteller selten größer vertreten, aber doch normalerweise immer zumindest irgendwie anwesend?

    Die Spekulation, das läge dann daran, dass er die Regierolle als quasi Frischling in der Serie bekommen hat, liegt ziemlich nahe. Wichtigeres zu tun und so. 1 Credit pro Folge reicht erstmal.

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  8. Mister Incredible

    Moin zusammen,
    Tante Käthes Verbissenheit hat mich genervt. Herrje, Madame, wenn du Wissenschaftlerin sein willst und Atheistin dann lass es einfach mit religiösen Erleuchtungen – es kann nicht funktionieren. Du hättest den Fred vorschicken können. Schon im 21. Jahrhundert, das sollten deine Datenbanken ausspucken, hat man religiöses Denken im Hirn per MRT verorten können. Janeways Ausflug ins Transzendente empfand ich so sinnvoll wie meinen imaginären Versuch an Reptiloiden oder Fake-Mondlandung zu glauben oder „Querdenker“ werden zu wollen. Wenn Atheisten überzeugt sind, dass die Natur nichts Übernatürliches hervor bringt, dann halte ich das für gesetzt. Quasi roddenberrig.

    Was mich ebenfalls verwundert: Entweder Wissenschaft hier, die alles bis in die subatomare Ebene zerlegt oder der reine Glaube dort. Maximalposition zwischen „alles kontrollieren wollen“ und „sich dem gottgegebenen Schicksal hingeben“. Mir fehlt die erklärbare Mitte, die freilich per Wissenschaft (Mathematik) erklärbar ist, nämlich dass Lebenslauf, Geschichte, Welt-(Galaxie)-Geschehen als chaotisches System mit Millionen an Akteuren sich jeder Vorhersage und Kontrolle entziehen. Schon eine geringe Zahl an Einflussfaktoren reicht dafür aus, Stichwort Dreikörperproblem. Die Kunst der Bewältigung dessen kann auch sein, mit Resilienz und Pragmatismus Dinge zu verändern die sich kontrollieren lassen, andere hinzunehmen und das beste daraus zu machen – verpassten Chancen oder im Nachhinein als nachteilig empfundenen Entscheidungen nicht nachzutrauern. Meine Oma fasste es zusammen mit den Worten: „Wer weiß wozu’s gut ist?“ Wie weise! Glaube, Religion, Ideologie, Verschwörungstheorie, das viel zitierte „höhere Wesen“, Karma – ich sehe darin ein und dasselbe Prinzip und habe nie (zum Glück) angedockt, Missionierung machte mich immer nur fuchsteufelswild, weil Leute meinten die irrenden Schäfchen einsammeln zu müssen aus unterschiedlichsten Antrieben, und so erscheint mir Janeways Abstecher ins Übersinnliche unauthentisch. Die selig lächelnde Guide erinnnerte mich fatal an eine entfernte Tante, die bei jeder zufälligen Begegnung nicht etwa den Gruß des Tages heraus brachte, sondern „Glaubst du an Jesus Christus?“. Was wenn nicht Star Trek zeigte uns Götter stets als trickreiche Technologie-Gaukelei und Werkzeug von Machtbesessenen, die sich mittels dieser gegenüber geringer entwickelten Gesellschaften auf ausbeuterische Weise Vorteile verschaffen wollten?

    Dennoch verstehe ich die Bildsprache, Mahnung zum Innehalten, die Aufforderung zur Selbstreflektion und des Sich-Selbst-Sortierens – Coaching statt Kirche könnte das leisten. Alle Sicherheitsprotokolle für Landingparties wieder einmal ignoriert, das gastgebende Volk entsetzlich nachlässig und dass – ebenfalls wiederholt – hohe Risiken einkalkuliert werden für ein einziges in der Bredouille sitzendes Crewmitglied – ein mehr als bekanntes Erzählmuster. Ganz unterhaltsam, aber zu meiner Erleuchtung hat es nicht gereicht, das TaD-Hörvergnügen war dafür umso göttli(ng)cher *lg*

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  9. Michael

    Ich lege mir seit zwei Tagen die Karten, was mit „militante Atheisten“ gemeint ist. Folgerichtige Beispiele, wo atheistische Personen primär aus atheistischen Motiven agieren, finde ich nicht. Aber, sei es drum.

    1. Simon (TaD)

      Der Begriff „militante Atheisten“ war natürlich eine Zuspitzung von mir. Ich meinte damit weniger Leute, die mit Gewalt gegen Religion vorgehen (wobei es die natürlich gab und gibt, siehe z.B. „Stalinismus, der“ oder Kollege Zedong, Stichwort: Opium des Volks). Ich meine damit die Art und Weise, wenn Menschen anderen das Recht auf Glauben absprechen oder Religion pauschal als schädlich abtun, auch die Form, die niemandem schadet. Als jemand, der das „Göttliche“ eher in so etwas wie der Quantenmechanik sieht und der mit organisierter Religion überhaupt nichts anfangen kann, finde ich es trotzdem voll okay, wenn jemand durch seinen Glauben Halt oder Trost findet. Wer bei aller berechtigter Kritik an organisierten Glaubenssystemen gleich immer die Rückständigkeitskeule schwingt, der ist für mich genauso intolerant wie religiöse Fanatiker, nur von der anderen Seite her. Eine so pauschale Sicht nervt mich mittlerweile genauso wie der unangekündigte Hausbesuch von irgendwelchen Religionsvertretern. Vielleicht wäre also „missionarischer Atheismus“ aber der bessere Begriff gewesen.

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      1. Michael

        Stalin selbst hatte ein ambivalentes Verhältnis zur orthodoxen Kirche, besuchte selbst ein Priesterseminar und hat sich dem Vernehmen nach Mechanismen abgeschaut und in seine Form der Staatslenkung übernommen. Die Weiße Armee, die im Bürgerkrieg 1917-22 gegen die Bolschewiki kämpfte, wurde (auch) von der orthodoxen Kirche unterstützt. Der Zar wurde als Gesalbter Gottes bezeichnet. Stalins familiärer Hintergrund, die atheistische Grundhaltung der Bolschewiki und der Kampf um die Macht in Russland, beinhalteten atheistische Motivationen, ob dass der entscheidende Punkt war, glaube ich indes nicht.

        China hat dies als Blaupause genommen Jahre später. Nicht die feine Art, aber wo ein Bedürfnis nach Macht ist, wird es immer wieder Menschen geben, die das ausnutzen. C’est la vie.

        Anderer Aspekt: ich habe Religion nicht als rückständig bezeichnet, unter Anwendung von Ockhams Rasiermesser bietet sie keine Kriterien, die vollständigere Erklärungen für Lebensereignisse bieten als natur- oder geisteswissenschaftliche Modelle. Der Islam proklamiert sich als vollständige Lehre Gottes für die Menschen. Das Kapitel über Quantenmechanik ist in diesem Zug möglicherweise im Lektorat liegen geblieben.

        Richard Dawkins mit seinen zugespitzen und, das kann ich nachvollziehen – aggressiven Angriffen auf Religion, muss man nicht aufs Schild heben. Den Vergleich zwischen extremen Atheisten und religiösen Fanatikern gehe ich aber nicht mit.

        Religiöse Menschen haben Religionen zu Staatsreligionen gemacht, wodurch die Ausübung anderer Religionen im Staatsgebiet schwierig bis unmöglich wird.

        Mitunter sind Apostasie, körperliche Modifikationen (oft durchgeführt von nicht-medizinisch geschulten Menschen) und gesellschaftlicher Druck zur Konformität weitere Punkte.

        Jeder soll mit seiner persönlichen Religion glücklich werden. Persönlich will ich – in Anlehnung an Christopher Hitchens – niemals mehr in die Situation gebracht werden, mit dieser Spielsache spielen zu müssen.

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  10. TaiFei

    „siehe z.B. „Stalinismus, der“ oder Kollege Zedong, Stichwort: Opium des Volks). “
    Sowohl in der Sowjetunion als auch in China gab und gibt es Religionen und auch entsprechende Tempel und Kirchen. Beide sind nicht gegen Religion an sich vorgegangen sondern gegen deren politische Ausrichtungen, welche den jeweiligen Führungsanspruch in Frage gestellt haben. Darauf haben diese auch nicht das Monopol, das haben die meisten religiösen Vertreter ebenfalls getan.
    Ich bin mir auch nicht sicher wie du das Zitat „Religion des Volkes“ hier in den Kontext einbringst. Es geht eher darum, dass mit Religion oft der Handlungsspielraum von Menschen eingeschränkt wird. Sie werden i.d.R. auf eine spätere Belohnung vertröstet und somit ihrer Rolle als handelndes Subjekt beraubt. DAS ist die marxsche Kritik an Religion.
    Zudem kann ich so nicht ganz nachvollziehen, wo „militanter Atheismus“ tatsächlich ein gesellschaftliches Phänomen sein soll. Es gibt da eine nette kleine Abhandlung des humanistischen Pressedienst, in dem solche tatsächlichen Behauptungen, gerade auch von dt. Kirchenvertretern, recht schnell als Mythos entlarvt werden.

  11. Sebastian (TaD)

    LOL, wasn hier los?

    Eigentlich wollte ich im Podcast nur ausdrücken, dass ich nicht von den Ommas Jehovas in meinem Hausflur genervt werden will, Personal Space und so. Und dass ich im Gegenzug aber auch möchte, dass die Omma im dritten Stock mit ihrem Herrn Jesus in Ruhe gelassen wird.

    Und jetzt düsen hier Mao, der humanistische Pressedienst und andere schwere Geschütze im Tiefflug durch meinen anderen Personal Space, das TaD-Blog. Ich habe zwar nicht die Worte „militanter Atheismus“ im Podcast verwendet, das wäre mir zu groß. Aber für die Abwesenheit von Gelassenheit, dafür sind die hochtrabenden Beiträge ein passendes q.e.d.

    Mein Tipp: Keks nehmen und locker durch die Hose atmen.

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    1. Simon (TaD)

      Herrje, was habe ich da wieder angerichtet?

      Danke für eure Erläuterungen, aber Leute, ich habe den Begriff „militanter Atheismus“ in meiner ersten Antwort gleich relativiert und durch „missionarischer Atheismus“ ersetzt, weil es mir EBEN NICHT um historische Gewaltkampagnen ging, sondern um eine bestimmte, intolerante Haltung. So wie man auch lapidar von „militanten Nichtrauchern“ spricht, ohne damit zu meinen, dass die bewaffnet losziehen.

      Ja, na klar gab und gibt es in der Sowjetunion und in China Religionen, Tempel, Kirchen. Und ich bin kein Historiker. Trotzdem gab es in der UdSSR massive antireligiöse Kampagnen. Betrieben unter anderem durch nen Verband, der sich die „kämpfenden Gottlosen“ nannte, wenn ich das noch richtig im Kopf habe. Das beinhaltete die Schließung und Zerstörung Zehntausender Gotteshäuser sowie die Verhaftung und Erschießung von Geistlichen. Das war nicht nur ein Nebeneffekt politischer Machtkämpfe, sondern hatte auch eine klar atheistische Ideologie im Hintergrund. Auch wenn der Machterhalt am Ende natürlich ausschlaggebend war und ist, wie bei so vielen menschlichen Dingen. Dass Stalin die Kirche in den 40ern taktisch wieder ins Boot geholt hat, ändert nichts daran, dass die Phase zuvor ein Paradebeispiel für staatlich verordneten, militanten Atheismus war. China hat ebenfalls eine klar atheistische Staatsdoktrin geführt. Religion war dort und im Prinzip bis heute nur innerhalb eines vom Staat gesetzten Rahmens erlaubt. Wer sich außerhalb dieser Grenzen bewegt, merkt sehr schnell, dass es nicht nur um „politische Ausrichtung“ geht, sondern um eine generelle Kontrolle über Glaubensgemeinschaften.

      Mein Punkt hat aber wie gesagt damit gar nix zu tun, das habe ich doch nur beiläufig als Beispiel für Atheismus gebraucht, den man halt doch als militant bezeichnen könnte, den ich aber im Podcast gar nicht gemeint habe.

      Mir ging’s allein darum: Wenn jemand, egal ob gläubig oder nicht, anderen pauschal abspricht, wie sie ihr Leben sinnerfüllt gestalten dürfen, solange sie anderen damit nicht schaden, dann ist das für mich intolerant, Punkt. „Den Vergleich zwischen extremen Atheisten und religiösen Fanatikern gehe ich aber nicht mit“ – ist ja okay, ich halt schon, was den Nervfaktor für mich persönlich betrifft. Und das sage ich als Atheist, der genau weiß und auch erfahren hat, welche negativen Aspekte Religionen mit sich bringen, der nichts dagegen hätte, dass es sich irgendwann mal gesellschaftlich überlebt, im Privatraum verschwindet und gar keinen negativen Impact mehr hat. Es geht um die Verallgemeinerung, das Absprechen von Dingen, die manchen Menschen einfach Halt geben, auch im Angesicht mancher schlimmen Herausforderungen, die einem das Leben in den Weg stellt.

      Vielleicht täusche ich mich und will auch niemandem zu nahe treten, aber ich habe ein bisschen den Eindruck, dass man mich hier lieber auf diesem einen Begriff festnageln will, statt einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass ich ihn längst korrigiert und in den richtigen Kontext gesetzt habe.

      Aber bevor mir Sebastian zurecht eins hinter die Löffel gibt: Das war’s dann auch an meinen Einlassungen. Agree to disagree.

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  12. Alexander

    Hallo zusammen,

    habe die Folge jetzt selbst nicht noch einmal geschaut, sondern nur eure Erklärungen gehört. Für mich klingt es so, dass die Folge weniger den direkten Gegensatz Wissenschaft und Glaube darstellen will, sondern die Vorstellungen von Glauben bzw. von Religion anspricht.

    Dazu passt auch die scheinbare Sinnlosigkeit der Rituale. Hier kann man mehrere Deutungen finden:

    Einmal Janeways Sicht, die als Frau der Wissenschaft und vermutliche Atheistin an einen Punkt gerät, an der ihr die Antworten fehlen und sie sich daher auf den Bereich der Religion begeben muss, dann aber wildentschlossen ist, alles zu macht, was die Religion vorgibt und am Ende enttäuscht ist.
    Diese Erfahrungen gibt es auch in unserer Welt. Dass atheistische geprägte Menschen an Punkte im Leben kommen (meist Extrempunkte), in denen sie sich nicht weiterhelfen können und sie ihr „Heil“ dann doch in der Religion suchen. Beispielsweise, wenn geliebte Menschen totkrank sind. Dann beginnen sie plötzlich zu beten und spenden und alles, um Gott „gnädig zu stimmen“. Kübler-Ross hat dies auch in ihren 5 Phasen des Sterbens aufgegriffen. Aber leider, funktioniert es nicht immer so. Trotz vieler Gebete sterben Menschen und der Atheist ist danach besonders enttäuscht.
    So funktioniert Religion eben nicht. Mein Professor für systematische Theologie eerklärte es mal so: Wenn ich bei jedem Beten einen Erfolg hätte, wäre es nicht Religion, sondern Magie. Gebet ist nicht Forderung von Gott. Gebet ist Nachdenken. Kraft finden.
    Janeway hatte keinen Erfolg, weil sie Religion falsch verstanden hat. Als Magie. Ich mache Rituale und dann MUSS etwas passieren. So verstehen auch viele Menschen Religion falsch.

    Dies geht auch mit dem zweiten Punkt einher, der „Heuchelei“ innerhalb von Religionen. Menschen, die nur nach außen hin „gläubig“ sind. Die alle Rituale bis aufs kleinste befolgen, aber im Inneren leer sind, was die wahre Bedeutung von Glaube ist. In der Bibel finden wir zu Jesu Zeiten eine Gruppe, die als Pharisäer beschrieben werden. In ihnen finden wir genau solche „Heuchler“. Die Pharisäer befolgen die Gebote Moses bis aufs kleinste Detail und haben dabei vergessen, warum diese Gebote einmal aufgestellt wurden. Vielleicht denkt der eine oder andere sogar, dass sie dadurch Gott näher kommen, aber den meisten geht es um sich selbst: „Schaut, wie gläubig ich bin! Und schau, du hältst dich nicht an die Gebote!“ Und dabei verlieren sie den wahren Sinn Gottes aus den Augen. Erinnern wir uns nur an ihre Frage an Jesus: „Darf man am Sabbat heilen?“ Und Jesu richtige Antwort: „Der Sabbat ist für den Menschen da!“ Genau. Der siebte Tag der Woche ist frei. Gott ruhte am siebten Tag. Auch der siebte Tag ist ein Schöpfungstag. An ihm wurde die Ruhe geschaffen, die wir alle brauchen. Der Sabbat ist heilig, damit der Mensch zu Ruhe kommen kann und sich um sich und seine Beziehung zu Gott kümmern kann. Und diese Beziehung ist mehr als Beten oder fromm sein. Wer erfüllt wohl mehr den „Willen“ Gottes, der der Sonntags in die Kirche geht oder der, der Sonntags im Krankhaus Leben rettet?
    Auch darum geht es meiner Meinung nach in der Folge. Die Leerheit von Ritualen, wenn sie nicht mit Sinnhaftigkeit und Glauben gefüllt sind. Und wenn sie zum Selbstzweck werden oder sogar ihr Zweck zur Selbstsucht pervertiert wird. Auch daran scheiter Janeway. Sie übernimmt einfach die Rituale, will sie besonders gut machen, will nach außen zeigen: „Guckt, ich mache all das, ich bin gläubig!“ Aber sie hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Glauben. Sie vollführt nur leere Rituale.

    Und zu letzt würde ich auch eine Kritik an Religionen allgemein in der Folge sehen. Dass es überhaupt eine Religion mit Ritualen gibt, dass die Menschen nicht einfach glauben dürfen.
    Die Zeit der Reformation ist da ein gutes Beispiel, in dem man Menschen zu allem möglichen gezwungen hat, und sie alles getan haben, um ihr Heil zu finden. Auch dies kritisiert diese Folge meiner Meinung nach. Ein Glaube braucht keine Religion und schon gar nicht eine Kirche. Ich kann an Gott glauben und aus ihm Kraft schöpfen ohne den Besuch einer Messe, ohne ein Gebet, ohne, dass mir ein schlechte Gewissen gemacht wird, dass ich in Sünde lebe.
    Das klingt erstmal einfach, ist es aber nicht. Gott ist nicht einfach zu verstehen. Im christlichen Glauben gibt es das Prinzip der „unverdienten Gnade“: Gott liebt uns, so wie wir sind, mit all unseren guten, aber auch schlechten Eigenschaften. Im Sühnetod Christi wurden dem Glauben nach allen Menschen die Sünden auf ewig vergeben. Auf gut Deutsch: Jeder hat seinen Platz im Himmel und kann ihn auch nicht verlieren, einfach weil Gott die Menschen liebt.
    Diese Vorstellung, dass es am Ende scheinbar keinen Unterschied macht, ob ich ein gutes oder schlechtes Leben führe, ist natürlich schwer zu verstehen, da wir Menschen nun mal in anderen Kategorien (tut-ergehen) denken. Wer andere verletzt muss doch bestraft werden! Dass es bei Gott anderes ist, können wir nicht verstehen. Hier setzen Religionen und besonders ihr Missbrauch an. Wir Menschen haben es nun mal gerne einfach. Was ist richtig, was ist falsch? Sag es mir, damit ich dannach leben kann und belohnt werde. Religionen tun dies. Sie geben mir Gebote und Verbote und ich versuche mich daran zu halten und wenn ich es nicht tue, dann gibt es Strafen usw.
    Zumindest oberflächlich. Kirchen lassen es gerne so ausehen und bei Tiktok finden sich unendliche Prediger, die jungen Menschen erklären, was halal und was haram ist, obwohl auch der Islam da keine klaren Vorgaben hat, die ohne Kontext verbreitet werden können. Aber es sind einfach Antworten auf Komplexe Fragen. Und hier sehe ich den letzten Kritikpunkt der Folge. Dass Religionen und besonders Kirchen einen Glaubenauf solche Dinge reduzieren und sie Gott damit klein machen. Gott, der mit seinem Buch oben im Himmel sitzt und Striche macht wie oft ich was richtog oder falsch mache. Und das sollte nicht sein. Der Glaube sollte frei sein. Gott braucht keine Religionen. Er braucht keine Kirchen. Er schuff den Menschen, weil der Mensch es wert wahr geschaffen zu werden, nicht damit der Mensch ihn anbeten kann.
    Auch das hat Janeway nicht verstanden. Sie dachte, dass es Rituale geben muss. Dass es Erklärungen geben muss. Dass es eine Liste geben muss, die man abarbeitet, weil es kann ja nicht so einfach sein. Allein ihr fehlte der Glaube.

    Ich hoffe, dass das, was ich ausdrücken wollte einigermaßen klar wurde. Wir sind hier tief im Bereich der Fundamentaltheologie und allein die Tatsache, dass es so etwas gibt, zeigt schon wieder, dass wir vermutlich Gott und Glauben noch immer nicht verstanden haben.

    Grüße

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