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6. Mai 1996:
Mit schöner Regelmäßigkeit sorgt der Transporter für Klamauk. Kirk wurde geteilt, Riker verdoppelt, Scotty konserviert, Picard verjüngt und was wir zurückbekamen, lebte zum Glück nicht lange. Doch keine Beam-Folge ist so kontrovers wie die heutige, in der wir ein per Fusion geborenes Crewmitglied ebenso kennenlernen wie die dunkle Seite der Voyager-Besatzung – wenn es heißt… Neelix + Tuvok = ?
In Deutschland: Auf VHS am 7. August 1997, ausgestrahlt am 27. März 1998.
Ich rechne es der Folge hoch an, dass sie keinen Star Trek typischen Ausweg wählt: Tuvix wird sterben (DNA zerfällt oder so), wir müssen sofort Tuvok und Neelix trennen! Tuvix opfert sich, weil Tuvok und Neelix leben sollen und Kes glücklich sein soll! Alle drei können leben, Tuvix verlässt aber das Schiff, weil er Janeways und Paris Molch-Kinder betreuen will oder was auch immer…
Nein, man reizt es tatsächlich aus. Tuvix will leben und Janeway trifft eine krasse Entscheidung, bei der einem einerseits das Blut in den Adern gefriert, die einen andererseits auch zum Nachdenken bringt. „Wie würden sie entscheiden?“. Tuvix zu töten ist falsch, ja aber…ist es denn richtig, Tuvok und Neelix, die sicher auch leben wollen, nicht zu helfen, obwohl man es könnte? Ist überhaupt eine Entscheidung richtig? Ein Individuum mit Lebenswillen hinzurichten, es quasi gewaltsam zur Hinrichtung zu schleifen, das ist eine ganz dunkle Seite von Starfleet, so viel steht fest. Und geht sowas überhaupt in Star Trek?
Ich kenne die allgemeine Bewertung von Tuvix nicht (eure übrigens auch noch nicht, ich schreibe dies am Montag). Ich weiß, dass sie kontrovers diskutiert wird, insbesondere Janeways Entscheidung. Und das adelt die Folge doch eigentlich. Sie fühlt sich unangenehm an und passt nicht so richtig in die oft kuschelige Star Trek und besonders Voyager Welt. Für mich eine bemerkenswerte Folge, die ich erst zum zweiten Mal in meinem Leben gesehen habe. Schade nur, dass man – Star Trek typisch – nie wieder über Tuvix spricht oder die Geschehnisse aufarbeitet (zumindest nicht in meiner Erinnerung). Janeway, Neelix, Tuvok und Kes hätten viel zum Nachdenken und besprechen.
Froh bin ich außerdem, dass man keine Komödie daraus gemacht hat trotz einiger „heiterer“ Momente, die aber für mich ok sind.
Nun bin ich gespannt auf eure Besprechung, sicher habe ich viele Feinheiten übersehen, aber dafür gibt es ja euren wunderbaren Podcast!
Lieber Sebastian, ich habe jetzt nur den Anfang dieser Folge gehört und wollte dir zu deinen gemischten Gefühlen bezüglich dieser Folge sagen, dass ich euch vertraue! Auch wenn ihr manchmal nicht meine Meinung trefft(bin mit Voyager aufgewachsen…), dann ist es trotzdem voll in Ordnung, weil ihr eure private Meinung mit der Welt teilt. Und diese Meinung finde ich interessant und unterhaltsam. Ich habe jetzt schon so 2-600 Stunden euch zugehört und bisher seid ihr immer sehr rücksichtsvoll aufgetreten. Vielen Dank dafür!
Ich teile die Meinung von Sebastian.
Und ich denke die Besorgnis über die kommenden Kommentare, sind nichtig. Wir sind hier in diesem Block doch eine gute Community, man darf eine andere Meinung haben und diese genüsslich Respektvoll hier diskutieren.
Diese Folge ist eine meiner Lieblings TaD Folgen.
Grüsse und eine entspannte Restwoche noch 🙂
Hey ihr beiden
ich geh davon aus wäre das In TOS passiert mit den Best Buddys von Kirk hätte er ohne zu zögern alles dran gesetzt um seine Freunde zurück zu bekommen.
Bei Picard wäre es Philosophisch geworden und und 45min darüber schwadroniert worden und am Ende hätte man wahrscheinlich Starfleet die Entscheidung überlassen.
Bei Sisko bin ich mir nicht ganz so sicher wie er die Sache gelöst hätte aber wahrscheinlich Recht unkonventionell incl. Wurmloch Wesen und einer Bajoranischen Legende.
Janeway hätte das ganze auch anders lösen können da sie ja die Archive durchforstet. hatte sie eigentlich auf irgendwas relevantes stoßen müssen. Theoretisch hätte sie den Bericht von Picard finden müssen von den Ereignissen von Riker:2=? . Sollte laut Sternzeit passiert sein bevor die Voyager verschwand in den Delta Quadraten wobei jetzt die Frage aufkommt wie oft werden die Logbücher gespeichert und übertragen bzw. wann werden diese Freigegeben. In 200Jahre Föderation sollte man eigentlich irgendwas finden.
Janeway hätte also Tuvix verdoppeln können via Magischen Transporter und die beiden Tuvix Schnik Schnak Schnuk spielen lassen und den Verlierer zurück zu Tuvok und Neelix und der Tuvix bekommt einmal in jeder Staffel einen Gastauftritt oder stirbt Offscreen den Heldentot.
Aber Janeway hat die Eier in der Hose um auch mal Schwierig Entscheidung zu treffen die nicht popular sind und zeigt hier warum sie der Captain ist.
Theoretisch hätte man Tuvix niemals Erlauben dürfen seinen Dienst wieder aufzunehmen geschweige denn mit der Crew Interagieren dürfen und am Ende dieses Moralische wie Ethisch Dilemma zu haben sie hätten ihm auf der Krankenstation behalten müssen. Aber das kann man ja in einer Freien Gesellschaft wie der Föderation nicht bringen.Wobei die Starfleet vielleicht andere Regeln gelten.
Janeway ist halt weit weit weg von Zuhause da werden die Entscheidung härter im Föderation Raum hätten sie ihm bei einer Spezial Einrichtung Abgegeben und ihn quasi vergessen und ihr Abenteuer lustig pfeiffend weiter gemacht.
Wahr schön euch zuzuhören
Moin zusammen,
Wahrlich ist diese Episode eine die nachhallt. Wie „Measure of a Man“ oder „The Inner Light“. Man muss auch „Tuvix“ dafür feiern dass es emotionalisiert und Kontroversen erzwingt. Trekkiger geht es nicht, auch wenn Ihr die Schwächen und Auslassungen benannt habt. Für 45 Minuten ist das zu viel, das neue Wesen, dieses kennenlernen, nur um es dann wieder los zu werden. Da steckt so viel drin, das ginge heute mit den 60-Minütern besser oder eben per Doppelfolge. Was mit den Borg geht das ginge doch auch mit einem Ethik-Ding?
Der Plot ist technisch nicht neu. Mir fällt sofort „die Fliege“ ein, der S/W Urfilm, der weniger Horror war als die Neuverfilmung. Janeways Entscheidung kam auch mir zu schnell, das „hostile behavior“ der Crew gegenüber Tuvix zum Schluss fand ich störend oder irgendwie künstlich. Auch die nicht stattgefundene Kommunimation gegenüber Tuvix dass hier niemand ausgelöscht wird im Sinne einer Hinrichtung, dass sein Ich in zwei Individuen weiter existieren werde. Das Dilemma in wenige Minuten zu quetschen ist sicher das Problem was kaum zu überwinden war.
Hier schwingen so viele ethische Überlegungen mit die man noch viel weiter fassen könnte: muss jede Normabweichung korrigiert und jedes zufällige Ergebnis korrigierr werden, wenn es missfällt aufgrund einer soziokulturellen oder sonstwelchen Betrachtung? Es gab Zeiten – und leider setzt sich das bis heute fort – da ändert sich der Blick auf das geliebte Kind, Enkel, Freund/in sobald er/sie sich als homosexuell outet. Dieselbe Person die sie immer war wird urplötzlich als eine andere gesehen! Lange gab es Konversionstherapien, auch unter kirchlicher Regie. Müssen siamesische Zwillinge getrennt werden, auch wenn es bedeuten kann, dass einer oder beide es nicht überleben? Unser Unwille Umbrüche zu akzeptieren, selbige zu korrigieren wollen wenn sie unerwartet eintreten, dieses „alles soll wieder so werden wie früher“, die Grundmelodie trägt sogar rechtsextremen Singsang.
Es hätte die Crew auch eine nüchternere Analyse angehen können: wir können ein Quartier stilllegen und statt zwei wird nur noch eine Replicator Ration gebraucht. Tuvoks Expertise wie auch Neelix‘ Kochkunst sind weiter existent – wobei Tuvix sich nicht hätte zerreißen können, aber per Delegation und Anleitung sicher lösbar, denn permanente Doppelschicht wäre niemandem zuzumuten. Die einzig stark Betroffene wäre Kes, die Neelix (körperlich) verloren hätte aber nicht als Charakter. Lover und Lebensberater wäre sogar in Personalunion vorhanden. Aber was wenn der Tovok in Tuvix nicht Keskuscheln möchte und Neelix die vulkanische Zweifingerübung doof findet? Tuvix müsste dann lernen wechselnd immer mal den einen vorzeitig schlafen zu schicken. Wat soll’s? Wir zerbrechen uns den Kopf, also ist das Trekziel schon erreicht.
Hi, Mister Incredible! 😉
Ich stimme dir inhaltlich weitgehend zu, was „Tuvix“ angeht.
Weil ich aber ein Erbsenzähler bin, muss ich auf „The Fly/Die Fliege“ von 1958 zurückkommen. Ich habe beim Hören nämlich auch an diesen Film bzw. an das Remake von 1986 gedacht.
Du schreibst:
„Mir fällt sofort „die Fliege“ ein, der S/W Urfilm, der weniger Horror war als die Neuverfilmung.“
„Die Fliege“ wurde, soweit ich weiß, in Farbe gedreht! Auf imdb.com steht dazu unter dem Punkt „Wissenswertes“ in etwa folgendes:
Obwohl viele Menschen schwören, dieser Film wäre in Schwarz-Weiß gedreht worden, trifft das nicht zu. Das könnte ein Beispiel für den „Mandela-Effekt“ sein, was eine Bezeichnung für eine kollektive falsche Erinnerung unter Menschen ist. Ein Ereignis hat sich niemals so abgespielt, wie es erinnert wird, dennoch sind die Erinnerungen vorhanden. Dieses Phänomen ist sehr weit verbreitet. „Die Fliege“ (1958) wurde ausschließlich in Farbe gedreht und gezeigt; trotzdem wurden seine beiden Vorsetzungen, „Die Rückkehr der Fliege“ (1959) und „Der Fluch der Fliege“ (1965), in Schwarz-Weiß gedreht. Daher rührt vermutlich die Verwirrung. Eine alternative Erklärung ist, dass viele Leute den Film auf Schwarz-Weiß-Fernsehern sahen, die bis in die 1980er Jahre weitverbreitet waren.
LL&P
Michael from Outer Space
„aber das is doch star trek, man!“
vorher wusste ich nich so genau… – aber ab jetzt liebe ich dich. hör auf deinen bauch und dein herz und lass es raus!
star trek (und vor allem janeway, picard verkörpert das korrekt) IST eine utopie.
weitermachen, liebe euch!
in diesem fall aber mehr simon.
Nach den vielen Enttäuschungen, die Voyager mir bisher beschert hat, hatte ich beim Start von „Tuvix“ keine großen Erwartungen. Umso mehr hat es mich überrascht, wie sehr mich diese Folge gepackt hat – und zwar auf einer Ebene, wie ich sie mir von Star Trek eigentlich regelmäßig wünsche.
Was auf dem Papier wie ein typisches „Unfall-mit-dem-Transporter“-Szenario klingt – Tuvok und Neelix verschmelzen zu einem neuen Wesen namens Tuvix – entpuppt sich als tiefgreifendes moralisches Dilemma. Denn im Zentrum der Folge steht nicht etwa eine technische Lösung, sondern die Frage: Was passiert, wenn durch einen Unfall ein neues, selbstbewusstes Leben entsteht – und man dieses opfern müsste, um zwei andere Leben zurückzuholen?
„Tuvix“ funktioniert für mich so gut, weil die Episode sich traut, unbequem zu sein. Tuvix ist nicht nur ein tragisches Unfallprodukt, sondern ein vollwertiger Mensch, der leben will – mit eigenen Gedanken, Gefühlen und einer Persönlichkeit, die auf merkwürdige Weise wirklich funktioniert. Dass man als Zuschauer beginnt, sich mit ihm zu identifizieren und seine Angst zu spüren, macht den Konflikt umso härter.
Und dann Janeway. Ihre Entscheidung am Ende – Tuvix gegen seinen Willen „aufzulösen“ – wird nicht beschönigt. Es ist keine heldenhafte Tat, sondern eine zutiefst ambivalente, ja brutale Entscheidung. Genau das macht die Folge so stark: Sie lässt uns mit dieser Unruhe zurück. Keine einfache Auflösung, kein „alles wird gut“, sondern ein moralisches Minenfeld.
Auch wenn „Tuvix“ für mich eine der bisher besten Voyager-Folgen ist, bleibt die Serie in der Gesamtheit bisher hinter meinen Erwartungen. Zu oft sind es belanglose Plots, zu oberflächliche Figurenentwicklungen, zu viele verschenkte Chancen. Umso schöner, wenn dann so eine Folge kommt – die zeigt, was möglich wäre, wenn man mutiger erzählen würde.
„Tuvix“ ist ein seltener Lichtblick in einer bislang enttäuschenden Serie. Eine mutige, emotional fordernde Episode, die das ethische Potenzial von Star Trek nutzt und eine Diskussion provoziert, die auch nach dem Abspann noch nachwirkt. Genau so eine Folge hatte ich gebraucht – mehr davon, Voyager, bitte mehr davon!
Noch eine kleine Ergänzung: Ich gebe Simon absolut recht – das Ende der Folge kommt viel zu schnell. Es wirkt, als hätte man plötzlich keine Zeit oder Lust mehr gehabt, den moralischen Konflikt weiter auszuerzählen. Dabei hat es überhaupt nicht pressiert, Tuvix sofort zurückzuverwandeln. Womöglich hätte es eine alternative Lösung gegeben – oder zumindest den Versuch, gemeinsam mit Tuvix nach einem Weg zu suchen, der nicht in seiner Auslöschung endet. So bleibt ein schaler Beigeschmack… was die Folge aber nur noch diskussionswürdiger macht.
Zu dieser Folge möchte ich den großen Douglas Adams zitieren.
Er berichtete von der wachsenden Protestbewegung gegen Teleportation. Deren Kampfsong lautete:
I teleported home one night
with Ron and Syd and Meg
Ron stole Meggie‘s heart away
and I took Sydney‘s leg.
Das Ganze war auch in der deutschen Version toll:
Ich reiste mal per Teleport
mit Jan und Klaas und Hein.
Jan stahl Paula das Herze weg
und ich nahm Klaasens Bein.
Das ist ja interessant, dass man ausgerechnet Geld für einen Warp-Stern-Effekt ausgibt, kurz nachdem die Voyager eigentlich auf Impuls gegangen war. 😀
Ich finde, trotz der nur zur Verfügung stehenden „11 Minuten“ für die Behandlung des in der Folge thematisierten Dilemmas, werden die gegensätzlichen Positionen in oft nur 1-2 Sätzen auf den Punkt gebracht ohne sich in langatmigen Erörterungen zu verlieren. Als ein Beispiel für das was ich damit meine, möchte ich einen Satz von Janeway zitieren, mit dem Sie eben doch auch die Sichtweise aus der Richtung von Tuvix einnimmt: – Wann ist es eigentlich genau passiert, dass aus einem bloßen Transporterunfall ein Individuum entstanden ist mit einer eigenen Persönlichkeit mit eigenen Rechten -.
Ich muss sagen, als trans-Person sehe ich da Parallelen.
Es geht erstmal darum, wie die Leute in der Umgebung reagieren, wenn eine Person (bzw. zwei-zu-eine Person(en)) sich radikal verändert. Ich habe in meiner Community beobachtet, wie die Beziehung zum Partner das Outing/die Transition mal übersteht, mal zerbricht. Letzteres teils sehr hässlich.
Dann ist da diese Narrative, dass die beiden tot sind. Erinnert schon stark daran, wie nach dem Outing viele Eltern um ihr Kind trauern, während eben jenes Kind putzmunter daneben sitzt. (Und hier rede ich noch von relativ okayen Menschen, nicht Elon „my son was killed by the Woge-mindvirus“ Musk.)
Und dann was ihr als die Jesus-Szene bezeichnet habt. Ich habe die starke Befürchtung, dass das genau so passieren wird, wenn die AfD an die Macht kommt. Der Polizist, der beim letzten CSD noch nett winkte, zerrt mich Richtung Güterzug und die netten Kollegen stecken den Kopf in den Sand, weil ist halt Pech aber so ist das Gesetz und Recht und Ordnung ist ja wichtig und wie unverschämt ist es überhaupt, sie emotional zu belasten indem ich um mein Leben bettele.
Ich frage mich: Waren da nicht mal Rebellen auf diesem Schiff? Da haben die sich aber verdammt gut integriert, dass die zu solchen Duckmäusern verkommen sind. Der Doktor wäscht so’n bisschen die Hände in Unschuld, indem er nicht persönlich den Gashahn aufdreht. Data hatte an seiner Stelle (die Exocomps-Episode) schon den Transporter (oder war es was anderes?) sabotiert.
Wisst ihr, ich habe für Faschisten sehr viele negative Gefühle, aber nicht Verachtung. Leute, die von sich selbst sagen, sie wären progressiv, dann aber die Sache der Faschisten unterstützen und dann sagen, sie hätten da ganz doll Bauchschmerzen bei gehabt, das verachte ich. Und das trifft jetzt auf diese Crew zu.
Ich kann auch nicht behaupten, dass diese Folge mich zum Nachdenken gebracht hat. Weil gerade dadurch, dass die Ethik in der Folge nicht wirklich verhandelt wurde (Janeways Entscheidung stand eigentlich von Anfang an fest und sie hat sie nicht debattiert sondern ihrem Opfer gegenüber nur verteidigt) erschien mir Janeways Entscheidung nie als legitim. Diktatorische Entscheidung, Untertanen Duckmäusern rum, eine Entscheidung, die so getroffen und inszeniert wird, muss einfach falsch sein.
Na gut, dann mal auf weitere fünf Staffeln von „Nazi-Deutschland im Weltraum“. Juhu.
Danke, liebe Emma,
für Deine Kommentierung.
Auch ich habe an eine trans Person denken müssen, als Tuvix da auf einmal saß, und auch ich habe insbesondere bei der Szene auf der Brücke an die Leute gedacht, die sich bei der Juden-Verschleppung weggedreht haben.
Auch ich bin schockiert, wie viele sich im Hinblick auf die USA im vorauseilendem Gehorsam in den Sand werfen.
Aber ich bin auch die Person, die z.B. in SoMe schon lange nicht mehr alles unverblümt schreibt, weil auch ich als Frau bereits jede Menge Hass abbekommen habe. Und ich bin die Person, die sich hier auf Arbeit schon manche äh seltsame Takes angehört hat, und dann nix gesagt hat.
Und ich frage auch mich inzwischen, was tue ich, wenn es wirklich hart auf hart geht? Ich als Fast-Rentnerin, weiß, verheiratet, bin ich vermutlich außerhalb des Radars, außer ich stelle mich selbst rein.
Ich habe Angst um die Zukunft, und ich kann mir nicht vorstellen, wie es Dir geht. Die Tochter meiner Freundin ist gerade in Transition, beide haben jedenfalls große Sorgen, die Tochter ist (auch)Amerikanerin, da wohnt auch der Vater, da kann sie jedenfalls jetzt nicht mehr hin reisen.
Am Ende macht es sich das Drehbuch recht einfach.
Hat Tuvok nicht in einer früheren Episode erwähnt, dass er über 200 Methoden kennt, einen Gegner auszuschalten? Als dann aber auf Janeways Befehl die Sicherheitskräfte auf den Plan treten, um Tuvix zu seiner Exekution zu eskortieren, leistet der zwar Gegenwehr, aber recht halbherzig und vermutlich eher symbolisch. Auch wenn Tuvix zwar als taktischer Offizier eingesetzt ist, aber nicht als Chef des Sicherheitsdienstes, hätte er mit Tuvoks Wissen theoretisch einen Weg finden können, zu fliehen und sich abzusetzen.
Die stärkste Szene ist, als Tuvix am Ende verzweifelt um sein Leben fleht und bei seinen ehemaligen Freunden auf taube Ohren stößt. Natürlich kann ich auch deren Position verstehen. Nachdem selbst der Doktor zunächst keine Lösung sieht, haben sie sich mit dem neuen Crewmitglied arrangiert, aber eigentlich ist Tuvix ein Fremder für sie, während Neelix und Tuvok langjährige Wegbegleiter waren. Dass der Doktor und Harry erst gegen Ende der Folge einen Weg finden, die Fusion rückgängig zu machen, ist ein gelungener Kunstgriff. Ein bisschen hat mich Tuvix‘ Situation an die DS9 Episode „O’Briens Identität“ erinnert, auch wenn der Fall hier natürlich anders lag.
Dass sich das persönliche und ethische Drama erst auf der Zielgeraden der Episode entfaltet … ja, das lässt sich als Schwachpunkt werten. Zuvor sind es im Wesentlichen Kes und Janeway, die am Fremdeln sind, weil sie beide den verschwundenen Crewmitgliedern nahe standen. Insbesondere Kes hat verständlicherweise zu leiden, weil sie mit Neelix in einer Beziehung war. Alle anderen scheinen sich vor dem Plot-Twist damit angefreundet zu haben, dass Tuvix dauerhaft ein Mitglied der Besatzung sein wird.
Hätte man das evtl. mit einer Rahmenhandlung lösen können, wo etwa Janeway und Chakotay die Ereignisse Revue passieren lassen und im Zweifel sind, ob sie alles richtig gemacht haben? Oder wäre das schon wieder eine Bevormundung des Zuschauers gewesen?
Auf jeden Fall ist „Tuvix“ eine Folge, die, wie im Podcast erwähnt, im Gedächtnis bleibt und zum Nachdenken anregt.
Stichwort Rahmenhandlung: Vielleicht auch ein Captain’s Log, das Janeway aufzeichnet, nachdem sie sich unter dem Eindruck der Ereignisse in ihr Quartier zurück gezogen und das virtuelle „Nicht stören“ Schild vor die Tür gehängt hat:
„Soeben musste ich die wohl schwerste Entscheidung in meiner Sternenflotten-Karriere treffen. Ich musste ein Leben opfern, um zwei andere zu retten. Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Mit dem Auftrag, nach Nahrungsmitteln zu suchen, hatten sich zwei Mitglieder meiner Besatzung auf einen Klasse M Planeten beamen lassen …“
Coole Idee, Tom! Das hätte ich mir auch gut vorstellen können: Irgendwas, was zeigt, dass man noch viel mehr mit dieser Entscheidung hadert. Mehr Herleitung. Ähnlich wie „In the Pale Moonlight“.
An zwei oder drei Stellen habt Ihr als Begründung von Tuvix‘ Individualität und Lebensrecht die Tatsache angeführt, daß er „gut integriert“ war.
Das habt Ihr vielleicht gar nicht bemerkt und bestimmt nicht so gemeint, aber ich muß doch so ehrlich sein, daß mir das sauer aufgestoßen ist.
Hey Benedikt, danke Dir für den Kommentar. Allerdings hast Du ja selbst den Eindruck, dass die Bemerkung, dass Tuvix „gut integriert“ war, höchstens am Rande ein Argument für sein Weiterleben ist – und sicher nicht als ethisches Hauptargument taugt. Eher als beiläufige Beobachtung im Rahmen einer sehr komplexen moralischen Diskussion. Und wenn du schon selbst feststellst, dass es sich um eine eher nebensächliche Bemerkung ohne tiefere argumentative Funktion handelt, dann fragen wir uns ehrlich gesagt ein bisschen: Warum trotzdem der moralische Zeigefinger? 😉 Ernsthaft: Natürlich verstehen wir den Wunsch nach Sensibilität – den haben wir selbst (größtenteils) auch. Aber wenn wir wirklich jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, dann können wir mit dem Podcast irgendwann aufhören. Trotzdem: Danke für die Rückmeldung – und bleib uns gerne weiterhin kritisch (und idealerweise wohlwollend) gewogen.
Ich hoffe, Du hast mich nicht so verstanden, daß Ihr jedes Wort auf die Goldwaage legen sollt. Im Gegenteil, das wäre das letzte, was sich ein Hörer wünschen könnte – macht weiter so, Fettnäpfchen gerne immer wieder eingeschlossen.
Und wenn Ihr wie in diesem Fall eines der persönlichen Fettnäpfchen eines Hörers trefft, dann ist es hoffentlich auch in Euren Sinn, wenn derjenige sich zu Wort meldet, und sich im besten Fall eine interessante Diskussion, zumindest aber ein kurzer Denkanstoß ergibt. Dafür ist der Blog ja da.
Integration ist eben ein Begriff, der bei mir einen Nerv trifft. Nicht nur politisch, wo damit viel Schindluder getrieben wird, sondern vor allem auch persönlich, da ich eigentlich immer eher schlecht integriert war – und in Euren nostalgischen Beiträgen haben Ihr und Eure Gäste ja immer wieder gezeigt, daß ein gewisses Außenseitertum ein verbindendes Element vieler – nicht aller – Trekkies darstellt.