Trek am Freitag #5: Trek Religion

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Star Trek zeigt uns eine auf den ersten Blick durch und durch humanistische Zukunft, doch trotzdem finden sich überall metaphysische, spirituelle und religiöse Bezüge. Manche davon sehr offensichtlich, andere gut versteckt. In dieser weihnachtlichen Sonderfolge nähert sich Sebastian mit seinem Gast Manuel diesem Thema an. Frohes Fest!

Dieser Beitrag hat 15 Kommentare

  1. Claudia

    Okay, Weihnachten ist für heuer erledigt 🙂 Eine Extraepisode! Was soll da noch besseres kommen?

    Danke euch für das Jahr voller Stunden von Trek-Spaß und Infos.
    Claudia

  2. Michael from Outer Space

    Hallo Leute!

    Herzlichen Dank an Sebastian und Manuel für diese spannende Diskussion. Ich bin selbst Atheist, beschäftige mich aber trotzdem mit Religion und Spiritualität, weil sie Teile der Lebenswelt von vielen Millionen Menschen auf der ganzen Welt sind. Als wissbegieriger Mensch möchte ich das einfach besser verstehen, auch wenn ich vielen Aussagen nicht zustimme.
    Grundsätzlich finde ich, dass sich eine Religion nicht durch das definiert, was in einem heiligen Buch steht oder ein Prophet vor Jahrhunderten/Jahrtausenden gesagt hat. Religion gehört zum Leben der Menschen, die sie ausüben. Darum definiert sich eine Religion ganz einfach durch die Taten der Gläubigen. Inwiefern bilden sie die Glaubensgrundsätze ihrer Religion in ihrem täglichen Leben ab? In einer heiligen Schrift können sehr vernünftige und gute Dinge stehen, aber wenn das nicht gelebt wird, ist es wertlos. Das wäre so, als ob ich in mein Tagebuch schreiben würde: „Ich gehe 3 Mal pro Woche ins Fitnessstudio, um Kraft- und Ausdauertraining zu machen.“, obwohl ich die ganze Zeit über nur faul vor dem Fernseher liege und Kartoffelchips futtere.
    Es gibt viele verschiedene Formen des Glaubens. Ihr habt Data angesprochen, der ein Android ist und trotzdem seinen eigenen Glauben entwickelt. Menschen müssen an etwas glauben, das ist so in unserer Psyche verankert. Ohne Glauben hätten wir keine Ziele, keine Motivation, keinen Lebenswillen. Wir würden schnell krank werden und schließlich sterben. Datas Bestreben, menschlicher zu werden und sich selbst zu verbessern ist für mich persönlich eine Motivation. Ich glaube an bestimmte Dinge, auch wenn sie nichts mit Religion zu tun haben. Als kleines Beispiel führe ich euren Podcast an: Ich finde, dass ihr einen tollen Podcast macht. Deshalb glaube ich daran, dass es mir auch in Zukunft Spaß machen wird, euch zuzuhören. Dafür gibt es natürlich keinen Beweis, man kann es nicht irgendwie berechnen oder vorhersagen. Trotzdem glaube ich daran.
    Mit der Spiritualität kann ich etwas mehr anfangen als mit den Religionen. Ich stelle mir genau wie viele andere Menschen Fragen nach dem Tod, Nahtoderfahrungen, einem möglichen Jenseits und der Existenz einer Seele. Darauf gibt es in meinen Augen keine allgemeingültigen Antworten, jeder muss sich selbst damit befassen und Lösungen finden. Wenn es um solche Dinge wie Esoterik geht, bin ich wiederum sehr skeptisch. Einerseits wollen die Esoteriker einen Gegenentwurf zur Religion anbieten, andererseits verhalten sie sich genauso dogmatisch wie diejenigen, die sie kritisieren. Außerdem glaube ich genauso wenig an Gott wie an die Lehren der Esoterik.
    Zunächst einmal finde ich es gut, wenn jemand einen Glauben hat, egal welcher Art dieser Glaube ist. Wenn der Glaube dazu führt, dass die Menschen respektvoll miteinander umgehen, sich helfen und unterstützen, dann ist das super. Ich persönlich brauche keine Religion, um meinen Mitmenschen Respekt entgegenzubringen und hilfsbereit zu sein. Mein Weltbild hat ja keinen direkten Einfluss auf meine Umgebung. Nur wenn ich ein Weltbild habe und dementsprechend handele, kann ich das Leben anderer beeinflussen. Meiner Meinung nach ist Religion Privatsache. Solange ich gegen kein Gesetz verstoße und niemandem Schaden zufüge, darf ich tun und lassen was immer ich möchte. In diesem Rahmen ist jede Form des Glaubens, der Religiosität oder Nicht-Religiosität für mich vollkommen in Ordnung.
    Zu den Religionen, ihren Lehren und der Art, wie sie gelebt werden habe ich zahlreiche Fragen und Kritikpunkte. Hier möchte ich nicht auf Details eingehen, denke aber, dass diese Kritik gut begründet ist. Dennoch finde ich das Thema Religion spannend. Ich interessiere mich sehr für Geschichte und stoße darum zwangsläufig immer wieder auf Ereignissen, die einen religiösen Bezug haben. Allein um das Grundgesetz zu verstehen, muss ich mich mit dem Christentum befassen. Außerdem bietet es einen Anknüpfungspunkt für Diskussionen, weil religiöse Menschen andere Ansichten haben als ich und darum ein Austausch stattfinden kann.
    Ich habe schon mehr als genug geschrieben. Darum wünsche ich euch allen jetzt Frohe Weihnachten und besinnliche Tage mit euren Lieben. Macht es gut!

    MfG Michael from Outer Space

    1. Sebastian

      Hallo Michael,

      vielen Dank für Deinen facettenreichen Kommentar. Mein innerer Agnostiker erkennt sich in so vielem wieder, was Du hier geschrieben hast. Ich trage unendlich viele Fragen mit mir herum, so viel Unzufriedenheit mit dem, was sich „Kirche“ nennt und könnte, wenn man mich lässt, eine Stunde lang über dort erlebte Dinge ranten.

      Aber dann wäre da noch die Gefühlswelt – und genau aus der speist sich mein innerer Spiritualist. Der ist grundsätzlich sehnsüchtiger, steht dem Agnostiker gegenüber, hat genau so viele Fragen und beide streiten ständig miteinander. Ich bin dann derjenige, der entscheiden muss – mal zugunsten des einen, mal des anderen.

      Schon längst hätte ich mich für eine Seite entschieden, wäre ich kein Star-Trek-Fan und würde in mir selbst, dem Agnostiker und dem Spiritualisten die Dynamik erkennen, die auch Kirk, Spock und McCoy haben. Und weil ich die Drei einfach nur super finde, kann ich mein eigenes Spannungsverhältnis gut aushalten. Weil es mir dabei hilft, meine Waage nicht endgültig zu einer Seite kippen zu lassen. IDIC trifft die Dreifaltigkeit und so.

      Warum ich das hier schreibe? Weil ich vergaß, es in der Sendung zu erwähnen, und weil mich Dein Kommentar daran erinnert hat.

      Liebe Grüße & hab ein schönes Rest-2018,
      Sebastian

  3. Kleiner Bruder

    Hallo zusammen!
    Meine Güte, da habt ihr aber ein Fass aufgemacht! Ja, Star Trek als Religionsersatz, das passt, gerade in diesen säkularisierten, also verweltlichten Zeiten. Natürlich ist Science Fiction immer ein Kind seiner Zeit, wie ihr gesagt habt. Sie wird von heutigen Autoren für heutige Leser und Zuschauer gemacht, mit den Mitteln, die dieser Kultur zur Verfügung stehen. Da kommen dann natürlich auch religiöse Bilder und Motive vor, auch wenn diese nicht mehr so ganz ernst genommen werden. Da wird die Vorstellung von einem Schöpfer, der sich seiner Schöpfung mitgeteilt hätte, bestenfalls belächelt, die Bibel, wenn schon nicht als „erstunken und erlogen“, so doch als reines Menschenwerk angesehen, und Religion ist immer die Reaktion nicht aufgeklärter Menschen auf das Unerklärliche. Allerdings, nach Jahren des Bibelstudiums und kritischer Betrachtung der aktuellen Rekonstruktion der Weltgeschichte -die keineswegs in Stein gemeißelt ist- tendiere ich doch eher zur Bibel. Leider hat der Manuel den Widerspruch, den er gefunden hatte, nicht näher bezeichnet, das hätte mich schon interessiert.
    Der Manuel hatte ja auch die zunehmende Verwässerung des Glaubens sogar von der Kanzel her kritisiert. Und tatsächlich, wenn man Religion als reines Menschenwerk begreift, was bleibt dann noch ausser einer gewissen Lebensphilosophie a la „seid nett zueinander‘? Da steht mir dann auch Star Trek mit seiner Darstellung von Teamarbeit und geradezu familiärer Atmosphäre näher. Leider, so muss ich zugeben, haben die grossen Religionsgemeinschaften gerade das Gegenteil von dem gezeigt und bewirkt, was man von einer wahren Religion erwarten sollte. Ich denke, sie sind hauptverantwortlich für die heutige agnostisch/atheistische Einstellung der meisten.
    Was ich aber selber faszinierend finde, in einem Punkt hat Star Trek mein -wie soll ich sagen- spirituelles Denken verändert. Als in DS9 die Wurmlochwesen gezeigt wurden, die „nicht-linear“ existieren, da dachte ich zuerst „was für ein Blödsinn“. Bis mir auffiel, das ein Schöpfergott, der „ewig“ existiert, auch „ausserhalb der Zeit“ existieren müsste, und dass die Zeit, also etwas messbares, erst mit der Schöpfung begonnen haben muss. Das macht einige Bibeltexte verständlicher.
    Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, wenn ich hier missionierend wirke (dafür ist das hier vielleicht nicht der passendste Ort), aber vielleicht ist ein vom Mainstream abweichender Standpunkt ja auch mal ganz interessant.
    Vielen Dank für eure unterhaltsame Betrachtung.
    P.S. Auch ich hätte gerne eine genauere „Chronologie der Zukunft“, auch von anderen Star Trek -Welten, Vulkan zum Beispiel. Oder von den Klingonen, einiges über Khaless‘ Taten habt ihr ja heute auch angesprochen. Ich fürchte nur, bei dem heutigen Hang zur Prequälerei wäre das bald überholt…

  4. timemastertim

    Ein sehr interessantes Gespräch zu einem hochspannenden Thema. Ganz persönlich fehlte mir ein wenig eine humanistisch/atheistische Stimme – oder vielleicht auch ein(e) Vetreter(in) einer ganz anderen Glaubensrichtung (z. B. Buddhismus). Das ist aber natürlich Kritik auf sehr hohem Niveau an einer gut gelungenen Folge.

    Euch allen ein frohes Fest (welches auch immer)!

    1. Sebastian

      Hey Tim,

      da hast Du natürlich recht. Den skeptischeren Part hätte wunderbar der Simon übernehmen können, aber leider war das terminlich nicht mit seiner Großveranstaltung zu vereinbaren, ohne eine normale Sendung zu verpassen oder aber den vorweihnachtlichen Termin sausen zu lassen.

      Hoffentlich waren wir zwei Dir trotzdem ausgewogen genug. Wir haben uns große Mühe gegeben.

      Mal schauen, wie sich die Reaktionen und Downloads dieser Sendung entwickeln, vielleicht kommt irgendwann eine Fortsetzung… Aber erstmal stehen jetzt andere Sondersendungswünsche auf dem Zettel.

      Liebe Grüße, komm gut ins neue Jahr,
      Sebastian

  5. Felo

    Ich möchte Euch mal ganz herzlich danken für diese Folge (wie auch generell für Euren Podcast). Ich bin Atheist, und auch wenn ich in meiner Jugend wie viele andere die Sturm- und Drang-Phase durchlebt habe, in der man für die eigenen Überzeugungen auf die Barrikaden gehen will, empfinde ich heute Missionierung, gleich in welche Richtung, als eher unangenehm. Eure entspannte und informative Herangehensweise an das Thema „Religion in Star Trek“ hat mir außerordentlich gefallen. Dieser gelassene Haltung zu begegnen wünsche ich mir oft in so vielen anderen Bereichen – und auch selbst wünsche ich mir oft, etwas mehr von so einer Gelassenheit im Umgang mit einem selbst wichtigen Themen, was mir, bei allen Bemühungen, immer wieder mal eher so mittelprächtig gelingt (wenn mir im Eifer des Gefechts wieder mal der Gaul durch geht…)

    Als in den 90ern die Star Trek-Serien und -Filme das bei mir am ausgeprägteste Fantum ausgelöst hatten, habe ich recht schnell den Kontakt zu anderen Star Trek Fangruppen (mit Ausnahme meiner Geschwister) gemieden. Der Aspekt „Kann Star Trek als Religion betrachtet werden?“, den Ihr am Ende der Folge ansprecht, hat sich mir damals in einer sehr unangenehmen Form gezeigt: Fans als quasi-religiöse Fanatiker, die in ihrer Verbissenheit und Rechthaberei mich damals dazu gebtrieben haben, mein eigenes Star Trek-Fandom eher privat und im engeren Kreise unseres kleinen Geschwister-StaTrek-Fanclubs auszuleben.
    Hätte ich damals mehr entspannte Fans wie Euch kennengelernt, wäre das vielleicht anders verlaufen. (Nicht nur entspannt in Fragen der Theologie, sondern auch entspannt im Umgang mit dem eigenen Fandom.)

  6. mateschrank

    Also da ‚Star Trek‘ aus dem Jahre 2009 quasi ein direktes Re-Make von ‚Star Wars‘ aus dem Jahr 1977 ist, finde ich schon, dass wir einen Star-Trek-Film mit einer klassischen Heldenreise haben. Mit Kirk/Luke als werdenden Held und Spock/Han Solo als erst widerspenstiger Partner und dann später guter Freund.

    1. Sebastian

      Hey David,

      guter Hinweis, das stimmt natürlich! Die JJ-Filme vergesse ich immer. Warum nur…?

      – Sebastian

  7. Pascal

    Hallo Sebastian,

    einen Roman, der zwar nicht den postnuklearen Horror als Hauptthema hat, aber teilweise während und vor dieser Zeit spielt, wäre „Federation“ von den Reeves-Stevens (https://www.amazon.de/Federation-Star-Trek-Original-English-ebook/dp/B000FC0OEU). Zugleich ist das Buch auch eine Fortsetzung der TOS-Folge Metamorphosis… 🙂 Das Buch fand ich ganz gut. Man muss nur ausblenden, dass die Story von 1994 ist und durch First Contact widerlegt wurde (Geschichte um Zefram Cochrane).

    Viele Grüße
    Pascal

    1. Sebastian

      Hallo Pascal,

      ein Buch, das ich auch als sehr gut in Erinnerung habe. „Federation“ war, wenn ich recht erinnere, sehr stark mit „Generations“ verwoben – nur um dann vom nächsten Kinofilm abgehängt bzw. in einen anderen Seitenarm des Multiversums verschoben zu werden.

      – Sebastian

  8. Beagle-John

    Was für ein wundervolles und kluges Gespräch! 👍

  9. Michael Kleu

    Das war eine großartige Folge; sicherlich eine der bisher besten. Ich würde mich sehr über mehr Folgen von dem Kaliber freuen!

    Ein konkretes Thema mal quer durch sämtliche Serien und Filme zu besprechen, scheint mir eine schöne Abwechslung zur Detailanalyse einzelner Episoden zu sein.

    Ich habe das Gespräch als äußerst reflektiert und ausgewogen empfunden. Zur Vorbereitung auf das Graecum habe ich u.a. die Spruchquelle Q übersetzen „dürfen“, woran mich Manuels Überlegungen ein wenig erinnert haben. Toll ist auch, dass er auf die Quellenproblematik eingeht, wo die Theologie sich ja dann deutlich mit „meiner“ Alten Geschichte überschneidet.

    Interessant finde ich auch, wie toll sich apokryph und kanonisch auf Star Trek, aber auch auf Star Wars übertragen lassen. Es ist ja schon in der griechischen Mythologie so, dass es zu jeder Story zig Versionen gibt, die einander teilweise auch widersprechen. Ich finde das eher bereichernd als störend.

    Man hätte noch auf „Emanations“ (VOY 1,09) eingehen können. Schön wäre auch „The Cloud“ (Voy 1,06) gewesen, um mal ein bisschen aus unserer mittelmeerzentrischen Perspektive auszubrechen.

    Zur Antikenrezeption in „Barge of the Dead“ (Voy 6,03) hat ein gewisser jemand was geschrieben:

    https://fantastischeantike.de/hades-und-grethor-jenseitsvorstellungen-bei-griechen-und-klingonen/

    Zum Thema Star Trek als Religion fällt mir noch ein, dass Scientology-Gründer L. Ron Hubbard ja auch ursprünglich Scifi-Autor gewesen ist. Wer weiß, wenn Roddenberry etwas länger gelebt hätte … 😉

    Manuels Doku über Rumänien-Deutsche würde mich sehr interessieren, da ich selbst regelmäßig da bin.

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  10. appiller

    Guten Abend!
    Ich glaube mein 3. Kommentar heute. Wie schon gesagt, bin ich seit Sommer 2020 mit „an Bord“ und heute bei TAS 1.08 und Trek am Freitag # 5 angekommen.
    Ich muss es jetzt einfach noch einmal zum Ausdruck bringen : Ich bin begeistert!
    Eure nerdig/intelligente Art durch das Star Trek Universum zu reisen hat in der Trek am Freitag Folge 05 einen weiteren Höhepunkt gefunden.
    Sebastian : Zu dem, was du zu deinen Besuchen der Conventions gesagt hast ; ich habe das 1:1 genau so erlebt und empfunden. Meine erste Convention war die 5 Captains Convention in London und meine zweite und bislang letzte die Las Vegas Convention 2016 zum 50ten Star Trek Jubiläum.
    Das Erlebnis die Schauspieler und Autoren und Produzenten zu „treffen“ war super, aber die Atmosphäre und die Stimmung mit den vielen anderen Convention Besuchern während der Panels und auf den Partys war dass, was letztlich das Erlebnis ausgemacht hat!
    Auch mir ging es so, dass ich danach wirklich „gut drauf“ war und es ist diese Stimmung und die Begegnungen, die bis heute nachwirken.
    Mal sehen, wenn ich zu euren aktuellen Folgen aufgeschlossen habe, – vielleicht klappt es ja in 2022 mit einem Treffen auf der FED-Con… 🙂
    Für heute sage ich über dieses Medium:
    Schön, dass es Euch und euren tollen Podcast gibt!
    Macht unbedingt weiter so.
    Vielen vielen Dank!

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  11. Mister Incredible

    Moin zusammen,

    Was für ein inspirierendes Gespräch. Und ich hab schon wieder ein neues Wort gelernt. Apokryph . Ich komme mir da gelegentlich so unwissend vor, tröste mich aber damit, dass niemand alles wissen kann 😉

    Auch ich bin Atheist, aufgewachsen in einem Haushalt, der weder Kirche noch Religion kannte. Mein einziger „Glaube“ galt dem Weihnachtsmann, und als dieser entzaubert war, empfand ich mich als nur noch den Fakten und dem wissenschaftlich Messbaren verpflichtet.

    Inzwischen vermute ich, dass Glaube und Spiritualität einerseits eine Frage der Sozialisierung sind, aber ich denke, es muss auch eine Veranlagung in der Emotionalität liegen. Ich finde es auch heute noch verwunderlich, wie sehr viele Menschen auf Unerklärliches, Übernatürliches, eine „höhere Macht“, Bestimmung, Schicksal, oder „danach kommt noch etwas“ glauben, wenn sie es auch nicht „Gott“ nennen wollen, aber dasselbe meinen. Als Kind der 1960er, der eine rasante Entwicklung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse mit erlebte, ging ich davon aus, dass Logik und Faktenwissen die Religion zurückdrängen werde. Die Verhältnisse in meinem Umfeld schienen dies zu bestätigen.

    Umso erstaunter musste ich feststellen, das trotz massenhafter Kirchenaustritte der Glaube an was auch immer weiterhin in hohem Maße weiterlebre. Ich kann und will Glauben nicht von Aberglauben trennen, denn wer wollte bestimmen, was denn der „wahre Glaube“ sei? Als jemand der der Naturwissenschaft zugeneigt ist, bevorzuge ich Faktenwissen, nicht das Glauben.

    Mittlerweile hat auch die Naturwissenschaft Dank des MRT herausgefunden, dass es Hirnareale gibt, die für Religion und Glaube „zuständig“ sind, und was für eine Überraschung, es hat was mit Emotionen zu tun und ebenso erwartbar ist es, dass ein evolutionsgeschichtlich altes Hirnareal am Werk ist.

    Gefühle / Emotionen sind vermutlich der wesentliche Schlüssel. Dass Mutter Natur uns damit ausstattete, muss ein Überlebensvorteil gewesen sein, da sie uns erlaubten, schnell „aus dem Bauch heraus“ Entscheidungen zu treffen, Freund und Feind zu unterscheiden und den für Homo Sapiens entscheidenden Sozialverband zu stärken.

    Lange in meinem Leben nahm ich an, dass doch alle genau wie ich den Fakten und der Logik zugänglich sein müssten, wenn man nur stichhaltig genug argumentiere. Leider falsch. Oder doch zum Glück? Inzwischen wissen wir, dass wir selten der Logik folgen und fast immer dem Gefühl, irrationale Entscheidungen fällen, selbst wenn wir objektiv wissen, dass unser Handeln uns selbst und anderen schadet. Paradebeispiele ist die Unvernunft, sei es bezüglich umweltschädlichen Verhaltens, obwohl uns die Folgen des Klimawandels etc. bewusst sind oder ungesunde Lebensweise, Konsumgier und vieles mehr. Wahrscheinlich agieren wir zu über 80% emotionsgesteuert.

    Auch in meinem Beruf, dem globalen Personenfernverkehr, musste ich in langem Prozess lernen, dass in der Kundenkommunikation und im Service die Emotionalität deutlich höheren Stellenwert hat als reine Logik, zumal ein Luftverkehr, Reisen, Urlaub ja per se höchst emotional besetzte Themen sind. In unserem hochtechnisierten Umfeld wird von Seiten des Unternehmens immer viel Wert auf klitzekleine Details gelegt. Firmenlogo auf dem Glas zum Gast, Serviettchen hier, Dekoblümchen dort, und dass bei den Damen nur ja Lippenstift und Nagellack harmonieren mögen.

    Alles nebensächlicher Killefit, musste ich feststellen. Wann finden Passagiere unsere Leistung gut? Wenn sie sich wohl FÜHLEN. Das ist das ganz Geheimnis. Haben wir 2 Stunden Verspätung, sagte ich früher den Passagieren, dass sie ihren Anschlussflug wohl verpassen würden. Heute ermuntere ich sie, sich auf das tolle 5-Sterne-Hotel zu freuen, und das sensationelle Frühstücksbuffet im Zuge der ungeplanten Übernachtung. Es gibt nur noch ein einziges Arbeitsmotto für mich: haben die Passagiere den Eindruck, dass wir den Job gerne tun und sie uns sogar noch mögen, haben wir alles richtig gemacht. So kommuniziere ich es gegenüber meinen Mitarbeitern und es funktioniert. Es geht um Zugewandtheit, Kompetenz, Gefühl der Sicherheit, Hoffnung, Sympathie, sich wahrgenommen fühlen, weil wir alle Gefühlswesen sind. Und ich musste auch feststellen, dass es viel weniger anstrengend ist, sich den Emotionen zuzuwenden als ausschließlich der Logik. Freilich ist das professionelle Wissen immer das unverzichtbare Fundament.

    Und inzwischen habe ich auch Star Trek in meine berufliche Welt eingebaut. Privat trage ich an meinen Jacken nun oft einen Combadge, und einen Starfleet Logo Pin habe ich nun auch an meiner Uniform. Die Reaktionen sind häufig überwältigend und der Vulkaniergruß gehört fast täglich dazu. Unglaublich. Echte Fans bekommen dann ihr Getränk auf einen Bierdeckel gestellt mit dem Designs der „Ten Forward Lounge“ und flippen dann fast aus. Was steckt für ein Potenzial des Gemeinschaftsgefühls in Star Trek. Es fühlt sich warm und schön an, die „Gleichgesinnten“ zu treffen, und man mag dieses wie in Eurem Podcast mit dem Erleben der Kirchengemeinde vergleichen. Das haben sicher auch die Erfinder des Fliegenden Spaghettimonsters erkannt.

    Dass Menschen Götter brauchten, war mit dem Beginn des Denkens und der ersten Verwunderung angesichts des Himmels zwangsläufig. So fragt sich auch der Astrophysiker und Philosoph Harald Lesch über Zivilisationen auf fernen Exoplaneten nicht etwa, ob sie Beamen können oder Warp Drive, sondern welche Götter, Märchen und Lieder sie haben. Was haben nun Leute wie ich ohne Religion für einen „Sinn des Lebens“? Einer sagte mal: das Universum erschuf uns, damit es sich selbst erforschen, sehen und bewundern kann. Das finde ich klug und sehr schön.

    Danke für den tollen Podcast, die Tiefe Eurer Analysen… und wann immer mir Star Trek Fans an Bord meiner Raumschiffe begegnen, empfehle ich natürlich Trek am Dienstag!

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